Charlotte

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Bild von Mag.a Bernadette Maria Kaufmann

Dienstag, 27. Oktober 2015

Christine Erdic: HALLOWEEN!!!

Jetzt endlich der Beitrag für Halloween <3

Über Hexen und Kobolde
An den langen Winterabenden, wenn die Fenster zugefroren waren und der Wind u...m die Hütte heulte, erzählte uns Großmutter Geschichten vor dem Kamin. Das Feuer prasselte lustig und es war mollig warm, wenn wir Großmutter zu Füßen saßen, die in ihrem alten Schaukelstuhl hin- und herwippte und mit geheimnisvoller Stimme zu erzählen begann:
„Damals, als ich noch ein Kind war, gerade so alt wie ihr jetzt seid … ja, damals, da gab es noch Kobolde in unseren Wäldern, die trieben so manchen Schabernack. Verspielt und respektlos, wie sie nun mal sind … Nun, so hört denn diese Geschichte, die sich vor vielen vielen Jahren zugetragen hat.
Es geschah an Halloween. Wir Kinder hatten mit unseren Eltern das Häuschen schon festlich geschmückt. In jenem Jahr hatten wir uns ganz besonders viel Mühe gegeben, denn es galt, das schönste Halloweenhaus zu haben. Der Gewinner sollte belohnt werden, so hatte es der Hexenrat beschlossen. Also hatten wir riesige Kürbisse ausgehöhlt und lustige Gesichter hineingeschnitzt. Unser besonderer Stolz war eine Kürbisdame. Wir hatten einen ausgehöhlten Kürbis auf einen Besenstiel gesteckt und das Ganze mit Rock, Bluse und Strohhut eingekleidet. Im Inneren des Kürbisses hatten wir brennende Kerzen befestigt, so bewachte die Dame mit ihren glühenden Augen nun unseren Hauseingang. Wir waren ganz sicher, den Preis in jenem Jahr zu gewinnen. Denn schon bald würde die Kommission kommen, um das schönste Haus im ganzen Ort zu prämieren.“
Großmutter legte eine Pause ein und wippte in Gedanken versunken vor sich hin. Die Spannung unter uns Kindern stieg mit jeder Minute, die verging. Endlich erzählte Großmutter weiter:
„Da hörten wir plötzlich ein Geräusch, von draußen, von der Tür kam es her! Wie tappende Füße, dann ein Kratzen und ein seltsames Schleifen. Als wir die Tür öffneten, war die Kürbisdame nicht mehr an ihrem Platz. Ob ihr es nun glaubt oder nicht! Sie war einfach verschwunden.“
„Wie konnte sie denn einfach weg sein?“, flüsterte mein Bruder ängstlich. Ein Holzscheit im Kamin explodierte hell lodernd in den Flammen und wir fuhren alle zusammen. Die Luft knisterte förmlich vor Spannung.
„Nun“, fuhr Oma fort, „unser Verdacht fiel sofort auf die Kobolde, die zu jener Zeit ihr Unwesen im Wald trieben. Aber wie sollten wir das beweisen? Ihr müsst wissen, Kobolde sind nicht wirklich böse, sie sind nur lustig und auf allerlei Unsinn aus. Aber jetzt war guter Rat wirklich teuer. So schnell konnten wir keine neue Kürbisdame fertigen, die Kommission würde ja schon bald hier sein. Was also sollten wir tun? Wir wussten nicht genau, wo die Kobolde ihren Unterschlupf hatten, aber vielleicht konnte man sie irgendwie anlocken. Erstens sind sie sehr neugierig und zweitens ganz verrückt nach Kupferpfennigen, müsst ihr wissen. Also streuten wir welche aus. Wir legten eine regelrechte Spur von der Haustür bis zum Wald. Dann versteckten wir uns, um zu beobachten, was passieren würde.
Kurze Zeit später raschelte es im Gebüsch. Unser Vater griff blitzschnell zu und … hielt einen kleinen strampelnden Kerl hoch, den er am wirren schwarzen Haarschopf gepackt hatte. ,Runterlassen, sofort runterlassen!’, schrie der Kleine mit hoher Stimme und trat mit seinen bloßen Füßen wild um sich.
,Ein Kobold, sieh an’, sagte Vater grimmig. Wie auf Kommando tauchten ringsum noch mehr strubbelige Köpfe auf.
,Raus mit der Sprache! Wo ist unsere Kürbisdame?’, fragte Vater und schüttelte den Kobold wie eine Ratte.
,Wir haben sie nicht!’, kreischte der Kleine verzweifelt. ,Wirklich! Der Kürbis war so schwer, wir konnten ihn kaum halten und dann ist einer von uns gestolpert und der Kopf ist vom Besen abgeflogen und den Abhang hinuntergerollt bis ins Tal.’ Eine große Träne kullerte dem Kobold übers Gesicht. Geräuschvoll zog er seine Nase hoch und nahm dann den Ärmel zu Hilfe. Vater, der eigentlich ein weiches Herz hatte, wurde verlegen.
,Schon gut’, brummte er. ,So kommt das, wenn man sich mit fremden Federn … äh … Kürbissen schmücken will!’
,Es tut mir leid’, schniefte der Kleine und die anderen Kobolde nickten zustimmend mit ihren Köpfen. ,Es tut uns leid.’ Sie wirkten so zerknirscht und unglücklich, dass Mutter sie zu heißem Kakao und Plätzchen in die Stube einlud. Kobolde lieben Plätzchen, müsst ihr wissen, vor allem solche mit Nüssen drin“, erklärte Großmutter.
„Aber dann konntet ihr doch den Wettbewerb nicht gewinnen, oder?“ fragte ich.
„Nein, den Wettbewerb haben wir nicht gewonnen an jenem Halloween“, bestätigte Großmutter lächelnd. „Aber neue Freunde haben wir dafür gewonnen. Die Kobolde kamen von nun an öfter zu Besuch und sie haben uns nie wieder etwas gestohlen. Zu Halloween brachten sie uns manchmal sogar kleine Geschenke vorbei.“
„Wo sind die Kobolde denn jetzt?“, fragte ich neugierig. Zu gern wäre ich auch einmal einem dieser kleinen Wesen begegnet. Ja, das stellte ich mir lustig vor.
„Oh, sie sind schon vor langer Zeit tiefer in die Wälder gezogen“, sagte Großmutter. „Es sind jetzt zu viele Menschen hier in der Nähe, denen sie nicht so recht trauen. Ich kann es ihnen nicht verdenken, denn nicht jeder ist den kleinen Naturwesen wohl gesonnen, müsst ihr wissen. Da sind sie halt vorsichtig geworden.“
Das machte mich irgendwie traurig. Nachdenklich sah ich zum Fenster und da war mir doch, als hätte ich einen Schatten gesehen durch die vereiste Scheibe … einen kleinen Schatten mit strubbeligem Haar. Morgen, so nahm ich mir fest vor, morgen würde ich einen Teller mit Plätzchen draußen auf das Fensterbrett stellen, welche von den wirklich guten, mit ganz vielen Nüssen darin.


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<3





 

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